Wolfshagen mit Hund – Rundwanderweg mit zwei Gesichtern
Als ich die Wolfshäger Touristinfo betrat, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass ich schon ein paar Tage später auf den Pfaden der alten Köhlertradition wandern würde. Vielmehr brauchte ich ein Nachschlagewerk aus Papier, das mir kleinere Touren mit Barney empfiehlt und uns gemeinsam als Hund-Mensch-Team den kleinen schnuckeligen Ort Wolfshagen im Harz näher erkunden lässt. Warum Wolfshagen? Nun ja, der kleine Ort mit etwa 2500 Einwohnern liegt nicht nur idyllisch zwischen zwei Talsperren (Innerstetalsperre und Granetalsperre) und Oberharzer Bergwiesen, sondern ist nur 10 Minuten von meinem Wohnort, der Kaiserstadt Goslar, entfernt. Für mich als Landei ist Wolfshagen seit ein paar Wochen rein zufällig also der Ort, in den ich flüchte, wenn ich vom Stadtleben die Nase voll habe (oder mit Barney ausgedehnte Spaziergänge machen möchte).
Wanderung mit Hund im Winter
Für die Tour wählte ich einen wunderbar sonnigen Samstag im Dezember. Es war kalt, der Boden war gefroren und alle Bäume, Pflanzen und Tiere schienen in der ersten kleinen Schockstarre des Jahres gefangen. Die Sonne kämpfte sich mit aller Mühe über die Hügelkuppen, schaffte es aber nur kaum, die frostige Landschaft zu erwärmen. Für meinen Eisbären, wie ich Barney liebevoll nenne, ist das ideales Wetter. Nässe mag er ja nicht so (ganz das Frauchen!), aber so ein kühler trockener Tag – das hat schon was! Ich packte also eine Thermoskanne Tee, eine Flasche Leitungswasser, Bauchgurt, Jöringleine und Hund ein und fuhr los in den Oberharz (genau genommen ist Goslar ja „nur“ Nordharz…). Der ideale Ausgangspunkt und direkter Einstieg ist an der Festhalle in Wolfshagen (Du kannst einfach die Straße „Am Jahnskamp“ im Navi eingeben). Ich hatte tagszuvor die Tour Nummer 1 gewählt – rund um den kleinen Sülteberg, eine leichte Wanderung mit etwa 2,5 km (letztendlich wurde es bei uns geringfügig mehr, aber dazu später was). Wir machten uns also an der Festhalle startklar. Der Dorfrand war erreicht und gleich würden wir direkt in den Bergen sein und die frische Luft genießen.
Gleich zu Beginn haben uns Wanderwegweiser und Symbole direkt dort abgeholt, wo sie sollen – direkt am Anfang. Da ich ohne Orientierungssinn geboren bin, kam mir das äußerst gelegen, sodass auch ich auf Anhieb den Weg gefunden habe. Super Arbeit vom Harzklub Wolfshagen. Wir hielten uns also auf dem geteerten Weg zum eigentlichen Startpunkt des Rundwanderwegs (für mich ist der Ort immer Beginn des Rundwanderwegs, wo das Ende auf den Anfang trifft. Weißt du, was ich meine?). Der Weg führte an einer gepflegten Gedenkstelle für alle Gefallenen in den beiden Weltkriegen vorbei und schlängelte sich gemütlich fortlaufend etwas bergauf.
Mit Barney am Bauch gehe ich mehr oder weniger flüssig bergauf. Der dreimonatige „Welpen-Urlaub“ macht sich bemerkbar: Ich bin nicht mehr so gut in Form wie davor. Ist ja klar, denn mit einem Welpen macht man keine Hammertouren, sondern festigt Bindung und Vertrauen eher im heimischen Garten oder auf dem Hundeplatz. Wir lassen das Dorf hinter uns. Auf der rechten Seite wurde eine kleine Harz-Köhlerei in Miniaturform errichtet. Total klasse, denn so kann man sogar mal einen Blick ins Innere eines Meilers erhaschen. Wenn du dich für die Köhlerei interessierst oder einfach neugierig auf uraltes Harzer Handwerk bist, ist dieser Weg sowieso das Richtige für dich. (Mit Köhlerei ist übrigens das Herstellen von Holzkohle gemeint. Dazu wird Holz in einem Meiler verschwelt)
Wir gehen weiter immer bergauf. Ich schnaufe ein wenig, während Barney leichtfüßig von links nach rechts und von rechts nach links läuft – immer mit einem scheinbar ganz tollen Duft in der Nase. ich frage mich, ob Wanderungen auf vier Beinen generell leichter sind. Was meinst du? Barney hat seinen Spaß. Trotz des beginnenden Samstagnachmittags begegnen wir keiner Menschenseele. Das mag ich besonders an Wintertouren. Andererseits ist es schon richtig früh dunkel. Bei längeren Touren (über 5 Stunden) muss man schon fast eine Stirnlampe dabei haben…
Nach etwa 300 Metern haben wir den Start- und Endpunkt der Rundtour erreicht. Hier kannst du dir natürlich aussuchen, ob du rechtsherum gehen willst oder lieber den linken Weg einschlagen möchtest. Wir wählen den Abzweig nach rechts, weil das Laub auf dem schmalen Weg so einladend aussieht. Eine wirklich willkommene Abwechslung zu den kahlen Baumkronen, die sonst unser Bild prägen. Wir schlendern gemütlich am Hang entlang. Links von uns erstreckt sich der Kleine Sülteberg in die Höhe, während rechts der Hang abfällt und uns einen tollen Ausblick über Wolfshagen verschafft.
Die Dezemberkälte hat alles fest im eisigen Griff. Ich wickele meinen Schal fester um den Hals und stecke beide Hände tief in die Taschen. Es ist zwar windstill, aber mit knapp Minus drei Grad ziemlich frostig. Wie gerne würde ich mich auf einer der Bänke niederlassen und mein Gesicht in die Sonne halten… Ich liebe Ausblicke. Auch wenn wir keinen Berg erklommen haben (die meisten Höhenmeter mit dem Auto zum Parkplatz an der Festhalle), fühlt es sich dennoch an wie auf einem Gipfel. Wie die meisten Bergsteiger, fasziniert auch mich dieses erhabene Gefühl von Freiheit und Glück. Der Alltag und die ganzen Probleme sind dann ganz klein im Tal – oben angekommen ist man nur ein kleiner Teil der Natur, ein kleines Stück der Zeitgeschichte, während sich die Erde immer weiter dreht. Nicht umsonst bezeichnet der Harzklub diesen Teilabschnitt als einen „Weg mit besonders schöner Aussicht“.
Nach einigen weiteren Schritten ohne Höhenunterschiede kommen wir schließlich bei einer Schranke raus. Hier mündet unser gemütlicher Trampelpfad auf das Ende einer Sackgasse. Wir halten uns links, immer dicht am Berg, und passieren ein letztes freistehendes Haus. Dass ich die Hände frei habe, während Barney angeleint ist, finde ich gerade in dieser Situation sehr praktisch. Wenn ich sonst mit Barney wandere oder einfach nur „spazieren gehe“, lasse ich ihn meistens frei laufen. Es ist jedoch selbstverständlich für mich, ihn sofort zu mir zu rufen, wenn uns Wanderer, Hunde, Reiter, Autos oder Sonstiges entgegen kommen. Mit der 1,20m langen Jöringleine ist das ein toller Kompromiss für uns beide. Machen wir aber auch nicht immer. Da muss ich Lust drauf haben.
Kaum biegen wir um die Kurve, gelangen wir auf einen breiten geschotterten Forstweg. Sofort ändert sich die Witterung. Wir lassen die Sonne hinter uns und stapfen durch eisige Kälte. Der Berg wirft lange Schatten und die Pflanzen am Wegesrand sind von einer dicken Schicht Raufreif überzogen. Die ganze Welt ist wie erstarrt, kein Vogel zwitschert, kein Ast bewegt sich und trotzdem ist die Stimmung wunderschön. Nimm‘ dir am Besten eine Mütze und Handschuhe mit. Auch wenn die Tour nicht lang ist und viele Wanderer dafür nur ein müdes Lächeln übrig haben, aber die andere Seite des Bergs kann ganz anders auf dich wirken, als der vordere Teil zu Beginn deiner Wanderung.
Wir erreichen nach etwa 800 Metern eine Weggabelung mit einer idyllischen Sitzgruppe oberhalb eines kleinen Felsvorsprungs. Barney muss das erstmal auskundschaften und klettert leichtfüßig wie eine Gemse hinauf. Die Bänke laden zum Verweilen und Ausruhen ein, verlieren jedoch etwas ihren Reiz bei dieser eisigen Kälte. Mit einem Seufzer gehe ich weiter und motiviere Barney mitzukommen. Der Weg verliert sich stetig in einer kontinuierlichen Steigung, die aber locker machbar ist. (Als wir den Weg einen Tag später nochmal mit Herrchen gelaufen sind, meinte er: „Das geht aber hier schon etwas hoch.“ War mir gar nicht mehr aufgefallen…) Links von uns erhebt sich der Kleine Sülteberg. Sein Hang ist winterkahl. Irgendwo hier kannst du eine Lehmkuhle entdecken, aus der die Wolfshäger früher Lehm zum Bau ihrer Häuser holten. Mir ist sie nicht aufgefallen. Vielleicht weil alles irgendwie grau in grau ist?
Ein Schild mit dem Hinweis „Teufels-Kalenderstein, 350 Meter“ zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. In der Wanderkarte ist die Stelle mit einem Symbol für eine besonders tolle Aussicht gekennzeichnet. Also gut – packen wir’s! Der Weg führt recht steil bergauf, an einem Wiesenhang mit Hochsitz vorbei, und weiter mitten durch den Wald. Wir klettern über kleine Steine und Wurzeln, die teilweise sehr rutschig sind, weil wir schattige Regionen betreten, die im Winter anscheinend nicht soviel Sonne abkriegen. Nach einer kleinen Rechtskurve sind wir da und sehen… einen Stein. „Und hier soll man eine gute Aussicht haben?“, frage ich Barney. Der schaut mich mit großen Augen und hechelnd-lachend von unten an. Von einer schönen Aussicht ist nicht viel zu sehen, denn die Bäume und Fichten sind zu hoch gewachsen. Ein bisschen enttäuscht bin ich schon. Weitaus interessanter ist die Infotafel am Kalenderstein. Angeblich wurde das Ding vor etwa 6000 Jahren geschaffen, damit die Ureinwohner die wichtigen Tage ihres kulturellen Lebens und ihrem landwirtschaftlichen Jahreskreislauf ablesen konnten. Der Kalenderstein zeigt zudem die Richtungen der Sonnenaufgänge (Sommer- und Wintersonnenwende sowie Tagundnachtgleiche) an. Da wir nichts dergleichen haben, nutzen wir den Stein für eine kleine Pause mit heißem Tee für mich und einer Schale Wasser für Barney. Die Pause hat einen willkommenen Trainingseffekt: Barney lernt das Abschalten. Laufen kann jeder, zur Ruhe kommen können nur wenige.
Der Rückweg ging äußerst schnell. Wir übten uns im richtigen „Dogtrekking“, denn die richtigen Dogtrekker laufen meistens bergab. Das ist gelenkschonender für die Hunde. Ich merke, wie auch Barney vor mir immer schneller wird. Er hat es gut mit seinen vier Beinen. Ich hüpfe und stolpere mehr oder weniger elegant hinter ihm her. Das üben wir noch… Unten angekommen folgen wir wieder dem Hauptweg. Eine Reiterin kommt uns auf ihrem Pferd entgegen. Ich lasse Barney Sitz machen und die Beiden passieren. Wir grüßen uns und lächeln uns zu. Nach wenigen hundert Metern kommen wir zu einer Harzer Köte, die der Harzklub nach alten Modellen zur Erinnerung an die Köhlerei errichtet hat. Auch da findest du wieder eine Infotafel. Barney knurrt, als wir an der Köte vorbeigehen. Im Inneren ist es dunkel.
Nach der Köte wandern wir gemütlich bergab und erreichen nach etwa 5 Minuten den Waldrand, der laut Harzklub „Spanntalskopf“ genannt wird. Augenblicklich wird es hier wieder heller und freundlicher. Wir können noch einiges von der leicht wärmenden Winterabendsonne mitnehmen. Den Bänken am Waldrand kann ich dieses Mal nicht widerstehen. Wir lassen uns nieder und trinken wieder eine Tasse Tee bzw. etwas Wasser aus dem Faltnapf. Während ich die Augen schließe und mein Gesicht in die Sonne halte, findet Barney einen Tannenzapfen und nagt fröhlich daran rum. Hach, wie gern wäre ich stundenlang hier sitzen geblieben, aber die Sonne verschwindet nach einem kurzen Augenblick schon wieder hinter einer Hügelkuppe und wir machen uns auf den Weg zum Auto. Ein paar Bänke weiter, sind wir wieder am Rundtour-Ausgangspunkt, gehen gemächlich den Berg hinab, kommen am Ehrenmal vorbei und stehen plötzlich vor der Festhalle am Auto. Da sind schon fast wieder die Scheiben gefroren, also Equipment verstaut, Barney angeschnallt und erstmal die Heizung angemacht. Ich bin ein Mensch, der immer und überall friert. Umso glücklicher bin ich, wenn ich erfolgreich meine Komfortzone (Sofa und Wärmflasche) verlassen habe.
Die Tour im Überblick:
Strecke: 3,1 km
Rundweg: ja
Dauer: 47 Minuten, inklusive Kalenderstein
Schwierigkeit: leicht
Höhenmeter: 80 m rauf und 60 m runter
Harzer Wandernadel: leider keine Stempelstelle auf dem Weg
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