Wandern ist voll uncool? Von wegen!

Wandern ist voll uncool? Von wegen!

„Wie, du gehst gerne wandern? Ist doch voll langweilig“ kommt mir oft zu Ohren, wenn ich von meinem Hobby erzähle. Und das nicht nur von pubertierenden Gesichtspickelträgern, sondern auch von normal- bis sportlichen Individuen in meinem Umfeld. „Da kommste ja nie schnell voran“. Nö! Na und? Muss ich denn? Ich muss ja mit einem leichten Grinsen gestehen, dass ich früher genauso gedacht habe. Meine damalige Schulfreundin ist jedes Jahr im Sommer mit ihren Eltern nach Österreich oder Bayern gefahren, um wandern zu gehen. Meine Güte fand ich das immer langweilig. Ich wollte am liebsten immer nur den ganzen Tag faul am Strand liegen. Berge? „Och nööö, lass‘ da mal wen anders hinfahren!“ Die Blogparade von der lieben Elke von Fotografische Reisen und Wanderungen habe ich nun mal zum Anlass genommen, um die 27 Jahre „Maddie unterwegs“ mal genauer unter die Lupe zu nehmen und mich zu fragen, was Wandern für mich bedeutet und wie ich denn überhaupt zum Wandern gekommen bin. Und warum ich überhaupt diesen Wanderblog habe. Und warum ich nicht wie andere Menschen in meinem Alter am Wochenende durch die Bars und Kneipen ziehe statt morgens um 7 Uhr die Wanderschuhe zu stürmen. Und überhaupt – was stimmt denn eigentlich nicht mit mir? (Nachtrag: 27 Jahre „Maddie unterwegs“ werde ich zum Glück hier nicht ausbreiten, da ich die erste Zeit krabbelnd und sabbernd verbracht habe. Das will doch nun wirklich niemand sehen!)

 

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Das bin dann also Ich! Maddie unterwegs mal wieder unterwegs. (Foto: Ralf Scholze)

 

Als pubertierende Maddie lag ich gerne am Strand. Den ganzen Tag, bis ich krebsrot war. Das war dann weniger schön und wurde mit tonnenweise Make up überschminkt. Gott, wie peinlich, wenn ich daran zurückdenke. Aber solche Phasen hatte bestimmt jeder. Hoffe ich zumindest. Längere Strecken als bis zum Wasser oder abends zum Büffett zu laufen, fand ich total doof. Ich gebe die Schuld gerne meiner Schule und den damaligen Lehrern, die uns Grundschul-Stöpsel bis zum Erbarmen den Brocken raufgeprügelt haben. Da hat so mancher Dreikäsehoch sicher ein Wandertrauma mit auf den Weg bekommen. Dieses Massenwandern im Stechschritt, bei dem niemand auch nur ansatzweise sein eigenes Tempo finden durfte, hat mich wirklich die nächsten zehn Jahre nachhaltig geprägt – nicht gerade positiv. Ich glaube, diese Einstellung hat sich erst Stück für Stück geändert, als ich 2009 während meiner Vorbereitungen aufs Abitur abends zum Abschalten jeden Tag eine Runde mit unserem Hund gegangen bin. Diesen einen ausschlaggebenden Abend habe ich noch besonders im Gedächtnis. Es war Hochsommer, die Felder waren in ein leuchtendes Gold-Orange getaucht, die Luft fühlte sich so weich und warm an und von überall her summten Bienen, zirpten Grillen und quäkten Frösche. Es war wunderschön und zum ersten Mal habe ich das auch so richtig wahrgenommen. Es war so, als hätte mich die Natur angestupst und gesagt: „Hey, schau‘ doch mal, wie schön ich bin!“ Kennst du dieses Gefühl, das sich ein bisschen wie „Angekommen“ anfühlt? Genauso war das irgendwie. Von diesem Moment an, fing ich langsam an, die Umwelt um mich herum viel bewusster wahrzunehmen, als ich es bislang getan hatte. Ich war hin und weg von Sonnenuntergängen (ohne verliebt zu sein!), erfreute mich an den Blumen am Straßenrand (ohne einen grünen Daumen zu haben) und erkundete neue Wege rund um unser Dorf (und das alles ohne Orientierungssinn).

Der Berg ruft

Nachdem ich im Oktober 2009 schließlich in den Oberharz nach Clausthal-Zellerfeld zog, um mit einem soliden BWL-Studium meine Zukunft zu sichern, änderte sich erneut mein Blickwinkel auf die Dinge. Ohne Auto musste ich jeden Tag diese verfluchten Berge hoch. Wer Clausthal-Zellerfeld kennt, kann mich verstehen, wenn ich Namen wie „Zellbach“, „Osterröder Straße“ oder „Klepperberg“ meine. Im Winter war das besonders klasse. Da musste ich als arme Studentin die Steigungen mit einem halben Meter Schnee in Angriff nehmen. Wenn du wirklich fit werden willst, verkauf‘ dein Auto und zieh‘ für den Winter in den Oberharz. Trotz allem: Die Berge haben mich fasziniert. Ich hatte noch nie soviel Schnee auf einmal gesehen. Total gespannt schaute ich zu, wie meine Nachbarn rund 30 Minuten lang versuchten ihr Auto unter den Schneemassen zu finden und schließlich auch zu bergen. Ich ging an schönen Tagen in meinen Lernpausen oft zu einem nahe gelegenen See und betrachtete fasziniert die Spiegelung der Sonne auf der Wasseroberfläche und wie der Schnee in allen Farben glitzerte. Ich fing langsam an zu joggen und mit dem Frühjahr wurden manche Strecken durch schnelleres Gehen ersetzt. Hey, ich fing wirklich an zu wandern! Die erste richtige Harzwanderung war schließlich der Liebesbankweg in Hahnenklee, ein 7 km langer Rundweg, der mittlerweile aufgrund seiner Popularität an schönen Tagen aber total überlaufen ist. Damals – das müsste so 2011 gewesen sein – ging es allerdings noch. Der Zauber des Wanderns, das ja auch ein bisschen Entschleunigung bedeutet, hatte mich gefangen. Auf diesem Rundweg habe ich zum ersten Mal etwas von der Harzer Wandernadel gehört. Dieses Stempelsystem fand ich dann so klasse, dass ich ganz fix in der Tourist-Info ein Sammelheft und Kartenmaterial besorgte. Tipps für Wandertouren holte ich mir beim Harzer Tourismusverband und lernte durch viele Stunden am Laptop erstmal die Gegend kennen, in der ich eigentlich lebte. Und dann war es auch endlich mal soweit: Ich begab mich auf Traumabewältigung und stieg erneut auf den Brocken. Und ich sage dir: Es machte riesig Spaß!

 

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Maddie unterwegs im Sommer 2013 in Meran. (Foto: Mein Papa)

 

„Nur, wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen“ hat auch schon Goethe gesagt. Ich finde, er hat da total recht. Mittlerweile ist es so, dass ich mit jedem Schritt tiefer in diesen Zustand der vollkommenen Zufriedenheit gelange und mich an jeder Ecke an neuen Dinge erfreue. Ich kann schon beim Packen meiner Wandersachen total entspannen und wenn die Wanderschuhe erstmal an den Füßen sind, ich einmal tief durchatme und mich „auf den Trail“ (ich find das hört sich wahnsinnig professionell an!) begebe, bin ich glücklich. Egal, wie lange die Wanderung ist – ob eine Hunderunde von 3 km oder eine Tagesetappe von 25 km – diese kleine Auszeit in der Natur stärkt mich noch den ganzen Tag danach. Allerdings brauche ich dazu Ruhe bzw. einen Wanderpartner, mit dem man sich auch mal anschweigen kann, um sich auf sein eigenes Tempo zu konzentrieren, ohne dass diese ätzende Stille entsteht, die so richtig unangenehm ist. Du weißt sicher, was ich meine. Alleine wandere ich auch mal ganz gerne, wobei ich ein kleiner Schisser bin und allzu einsame Wege dann doch eher meide. Jetzt mit Barney nimmt das alles natürlich ganz andere Formen an. Durch meine geliebte Wanderapp komoot, ein umfangreiches Notfallset, Regenponcho und ein Notfallhandy, bin ich mittlerweile doch recht entspannt. Ich träume von Fernwanderungen mit Hund, freue mich allerdings schon einen Keks, wenn ich mal 10 km komplett alleine durchhalte. Mein Facebook-Titelbild beschreibt es eigentlich ganz genau: „Everything you’ve ever wanted, is on the other side of fear“ (George Addair). Augen zu und durch, aber alles Schritt für Schritt.

Eine ganz besondere Erfahrung für mich war eine etwa 8 km lange Wanderung im strömenden Regen. Es war Karfreitag und sehr kalt, sodass ich Gewitter zum Glück nicht zu befürchten hatte (ich habe panische Angst davor!). Ich stiefelte alleine los und genoss es mal total, durch den Regen noch intensiver mit der Natur verbunden zu sein. Bei jeder Witterung nimmst du andere Geräusche war. Eine Wanderung bei Sonnenschein hört sich komplett anders an als eine Wanderung bei Bewölkung oder im Schnee. Probier‘ das mal aus. Eine super angenehme Tourenlänge ist für mich alles zwischen 10 und 25 km. Danach fängt es an weh zu tun. Das kriecht dann langsam von den Füßen, an den Waden, Beinen bis zu den Schultern hinauf. Und mit Rucksack ist das dann noch eine Spur heftiger. Umso mehr bin ich gespannt, wie ich mein persönliches Wanderjahr überlebe… Auf jeden Fall bleibt es auch 2017 dabei, dass ich mich eher auf die Suche nach noch unbekannten Wegen für dich begebe. Wege, die nicht jeder geht, wenn er neu in einer Region ist, aber die mindestens genauso schön sind, wie „Premiumwege“ oder andere „Touristenfänger“, besonders wenn berühmte und längst verstorbene Dichter ihren Namen dafür geben mussten, wie beim Goethe-Weg zum Brocken hinauf. Die Schönheit der Natur erfährst du sowieso erst außerhalb deiner eigenen Komfortzone. Warum ich nicht mit anderen jungen Leuten durch die Kneipen der Stadt ziehe? Weil es mir einfach nichts gibt, außer dem Kater am Morgen, der dich unsanft weckt und im schlimmsten Fall zur Toilette torkeln lässt. Für mich ist ein Tag draußen, ein Tag Natur – egal bei welchem Wetter – wie ein kleiner Urlaub für Seele, Körper und Geist. Und genau das ist es, was mich immer wieder antreibt, die ausgelatschten Wanderstiefel erneut anzuziehen, Touren auf den Wanderkarten zu markieren und schließlich dem Ruf der Wildnis zu folgen.

 

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Natürlich liebe ich Ausblicke. Die sind für mich nicht unbedingt die größte, aber auch eine sehr große Motivation, auch weiterhin auf Berge zu klettern. (Foto: Meran 2013, von Papa)

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11 Kommentare

  1. Wunderschön geschrieben, ich bin total begeistert und kann Dein wachsendes Verständnis für die Natur so gut nachfühlen. Wäre ich nur schon so früh wie Du zu dieser Erkenntnis gekommen. 😉

    Vielen Dank für Deine Teilnahme, verlinkt in meinem Blog bist Du schon.
    Darf ich eines der Bilder dem Link voraus setzen? Ich schreibe natürlich ein Copyright Vermerk dazu!

    Liebe Grüße
    Elke

  2. Hallo Maddie!

    Bin über Elke hier auf Deinen Blog gestoßen und musste gleich mal „reinschauen“.
    Macht Spaß zu lesen.
    Dir auch noch viel Spaß auf Deinen Wanderungen!

    LG: Mungo und die Dobis

    • Halli Hallo Mungo,

      vielen herzlichen Dank! Das ist ja lieb von dir! 🙂
      Da schau‘ ich mich doch gleich mal bei euch um – wenn es ums Wandern geht, bin ich doch ganz vorn dabei!

      Viele liebe Grüße,
      Maddie

  3. Moin moin! Durch blinden Klick auf Blog-tags aufmerksam geworden kann ich das zum größten Teil unterschreiben. mit (Rad-)Wandern, Kanu oder Segelboot die Welt erobern ist zwar langsam aber um so schöner. Jetzt gerade lockt mich das Winterwetter, sobald die Klausuren um sind mit Freunden und Schlafsack ins Elbsandsteingebirge zu steigen. Wünsche dir weiter viel Spaß in der WIldnis.
    LG
    Jakob

    • Gehöre selbst zu den Verrückten Jugendlichen, die lieber Um Mitternacht aufstehen um auf dem Segelboot vier Stunden Nachtwache zu machen, Nächte auf dem blanken Fels verbringen usw. statt saufen zu gehen…

    • Hallo Jakob,

      vielen Dank!!! 🙂 Elbsandsteingebirge steht auch noch ganz oben auf meiner Bucket List. Davon schwärmen sooo viele und die Landschaft ist gigantisch schön.
      Klasse, dass du auch so gerne draußen unterwegs bist. Aufs Wasser hab ich mich bislang allerdings noch nicht getraut. 😉
      Auch dir viel Spaß weiterhin – draußen zuhause! 🙂

      Liebe Grüße aus Goslar,

      Maddie

  4. Hallo Maddie,

    das mit dem Schultrauna kenne ich nur zu gut, bei mir hat es über 30 Jahre gedauert, bis es überwunden war und ich anfing zu wandern. JETZT könnte ich mir in den Allerwertesten beißen, nicht schon früher angefangen zu haben:D

    LG Bianca von lebedraussen!

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Selfie

Maddie ist neben ihrem Job als Marketingmitarbeiterin, Fotografin und Bloggerin sehr gerne in der Natur unterwegs. Seit dem Sommer 2016 begleitet sie dabei ihr treuer vierbeiniger Weggefährte Barney. Sie liebt Ausblicke, Camping und idyllische Örtchen mit Charme.

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