Naturpark Elm-Lappwald – das unterschätzte Wanderparadies
Ein Netz aus rund 600 km Wanderwegen, sanfte Hügel mit dichter Bewaldung und eine frühgeschichtliche Vergangenheit erwarten dich und deinen Hund auf euren Wanderungen im Naturpark Elm-Lappwald. Das wellige Hügelland liegt östlich von Braunschweig, hat eine Fläche von rund 470 Quadratkilometern und ist geografisch den Landkreisen Helmstedt und Wolfenbüttel zuordbar. Der Elm gilt als schönster und größter Buchenwald Norddeutschlands und Megalith- und Hügelgräber weisen darauf hin, dass der Höhenzug bereits in der Jungsteinzeit besiedelt war. Warum ich als gebürtige Braunschweigerin und wohnhaft im Harzvorland den Elm-Lappwald so lange überhaupt nicht auf dem Radar hatte, ist mir bis heute schleierhaft. Dabei kannte ich ihn namentlich schon, aber eher getreu dem Motto „Ist Wald… Der ist halt da!“. Als Wanderparadies – auch mit Hund – hatte ich den Naturpark vollkommen unterschätzt. Bis zu dem Tag, als ich mit meiner Dogtrekking-Freundin Patricia nach gemeinsamen Touren suchte. Da sie in der Nähe von Magdeburg wohnt und ich zwischen Salzgitter und Goslar, versuchen wir möglichst immer Alternativen „in der Mitte“ zu finden. Mit jeweils etwa 45 Minuten Fahrtzeit bot sich das Ziel Elm-Lappwald förmlich an.
Früh am Morgen um 5.30 Uhr trafen wir uns an einem sonnigen Juli-Samstag im kleinen Örtchen Bornum bei Königslutter. Unsere Tour sollte auf der Straße „Am Klapperberge“ starten und zum Glück fanden wir am Ortsrand an den Feldern zwei Parkmöglichkeiten für unsere Kombis (Hundebesitzer haben irgendwie immer große Autos…). Wegen der Hitze des Jahrhundertsommers wollten wir die geplanten 20 Kilometer in der kühlen Morgenluft in Angriff nehmen, denn oft war es um 11 Uhr schon unerträglich heiß. An diesem Morgen jedoch war ich froh, doch noch eine zusätzliche Softshelljacke zum Merino-Shirt eingepackt zu haben. Die Kälte ließ uns am Auto regelrecht zittern und schnell zogen wir uns noch eine zusätzliche Schicht Kleidung an. Ich hatte nur 3/4-lange Tights an den Beinen, die bei 12 Grad morgens nicht den gewünschten wärmenden Effekt hatten wie eine lange Hose. Half aber nichts – was anderes gab es nicht. Wir würden uns schon warm laufen.
Nachdem wir den losen Kram im Auto in unseren Rucksäcken verstaut hatten und die Hunde in ihren Geschirren vorgespannt hatten, ging es um kurz vor 6 Uhr auf den Weg. Patricia hatte neben ihrem Weißen Schweizer Schäferhund Dragon auch Mischlingshündin Leila mit. Wir starteten direkt am Feld von unseren Autos und folgten zunächst schnurgraden Feldwegen. Die Hunde waren anfangs wie immer sehr aufgeregt und schnüffelten an jeder Ecke. Auch sie schienen froh, endlich wieder unterwegs zu sein. Auf der ersten sanften Hügelkappe wurden wir mit einem schönen, wenn auch etwas wolkigem Sonnenaufgang belohnt. Das Posieren für ein Foto fanden die drei Vierbeiner aber ziemlich doof und konnten überhaupt nicht nachvollziehen, warum wir nach zehn Minuten schon anhalten. Demtentsprechend klein war dann auch die Ausbeute der Bilder. Es existiert kein einziges, auf dem alle in die Kamera gucken – kennst du bestimmt auch, oder?
Nach 200 Metern bogen wir links ab und hielten uns in Richtung Wald. Der Weg stieg kontinuierlich an und die Hunde fanden so langsam in ihren Trott und zogen gleichmäßig. Auf einer Koppel setzte ein junger Fuchs zu seinen letzten Jagdversuchen an diesem Morgen an, während eine kleine Gruppe Kühe friedlich grasend in den Tag startete. Das Gras war noch feucht und es roch leicht erdig und frisch. Wir stapften motiviert auf den breiten Forstwegen. Das Beste an einer gemeinsamen Wanderung sind die Gespräche, von denen es auch an diesem Tag viele gab. Nach und nach entstanden weitere Pläne für Abenteuer, von denen einige auf die Bucket List gesetzt wurden, viele aber noch in diesem Jahr umgesetzt werden sollten.
Den Sonnenaufgang hatten wir inzwischen hinter uns gelassen und näherten uns dem Wald, in dem der Weg steiler wurde. „Ist ja schlimmer als im Harz“, meinte ich scherzend zu Patricia, die mir lachend zustimmte. Der Wald belohnte uns mit einer tief dunkelgrünen Laubfärbung. Ich wunderte mich, wie Bäume und Sträucher bei der anhaltenden Hitze noch so frisch aussehen konnten. Anders als im Harz gab es hier lediglich Laubbäume – eine gute Abwechslung zu den Fichtenwäldern im Harzer Hochland. Specht, Spatz, Sperling und Co. waren schon auf den Beinen, zwitscherten und hämmerten bereits ausdauernd. Hinweisschilder und Wegweiser am Rand verrieten uns, dass das Wandernetz im Elm-Lappwald wirklich sehr groß sein muss. Die Tatsache, dass wir heute längst nicht alles sehen würden, stimmte mich nicht traurig, sondern verleitete mich schon vorab in Gedanken bald wieder zu kommen. Die Laubfärbung im Herbst muss ein Traum sein.
Ich fröstele leicht in meiner dünnen Hose und ziehe den Reißverschluss meiner Funktionsjacke bis oben zu. Dieser Tag versprach nicht ganz so heiß zu werden wie die Luft in den Wochen zuvor. Eine willkommene Abkühlung für Mensch und Tier. Wir unterhalten uns über das kommende Harz-Dogtrekking am zweiten September-Wochenende. Wegen der Hitze fiel das Wandertraining bei uns allen bisher aus. Da wir auf den mittellangen Hike von etwa 50 km gehen wollen, hofften wir auf ein paar kühlere Tage für zusätzliche Trainingseinheiten. Im letzten Jahr bin ich mit Barney die Tour gelaufen und 38 km im Regen hatten es auch deutlich in sich. 50 km sind noch eine ganz andere Hausnummer. Wir beschlossen, das Dogtrekking langsam auf uns zukommen zu lassen. An erster Stelle stehen immer die Hunde – dicht gefolgt von uns.
Unser Weg im Elm stieg weiter an. Wir passierten den Großen Tafelberg auf unserer rechten Seite und liefen am Dettumer Grund entlang. Wir staunten über fossiles Gestein am Rand. Schade, dass wir uns damit nicht auskennen. Inzwischen hatte es sich ziemlich zugezogen, obwohl der Tag sehr vielversprechend begann. Meine Jacke ließ ich aus diesem Grund noch an – immerhin hatte ich bis vor zwei Wochen eine Virusinfektion mit Halsentzündung. Die Kilometer verflogen und wir kamen trotz Fotopausen sehr gut voran. An einer Kurve wurden wir mit einem fantastischen Ausblick belohnt, der ohne das Laub an den Bäumen sicherlich noch viel imposanter sein mag.
Plötzlich machte der Weg eine 180-Grad-Kehrtwende und wir schlugen uns auf einen Trail, der mitten durch den Wald führte. Zunächst war der Pfad gut begehbar, doch schon bald stellte er uns vor eine Herausforderung: „Wo geht es lang?“. Wir wussten, dass wir im Reitlingstal auskommen würden und gingen nach Gefühl. Inzwischen war vom Weg gar nichts mehr zu sehen und wir kletterten über Baumstämme und durchs Gebüsch. Ich verfluchte mich nun schon zum zweiten Mal an diesem Tag für die Wahl meines Beinkleides, denn ich blieb mit den nackten Waden und Schienbeinen an Brennesseln und stacheligen Brombeeren hängen. Autsch! Wir schlugen uns durch das Dickicht, hielten die Hunde nah bei uns und sahen zum Glück ein Gebäude hinter den Büschen durchschimmern. Noch einmal bahnten wir uns unseren eigenen Trail durchs Geäst und stolperten aus dem Wald auf einen großen Parkplatz. Den ersten Abschnitt hatten wir geschafft, denn wir erreichten die Gaststätte Reitling im Elm, die täglich von 9 bis 19 Uhr geöffnet hat. Wir beschlossen etwas außerhalb unsere Frühstückspause einzulegen. Mithilfe der Karte versuchten wir an den dort eingezeichneten See zu gelangen, damit die Hunde trinken konnten. Die „Wabe“ stellte sich allerdings als Naturschutzgebiet heraus, dessen dicht bewachsene Uferzonen es für uns unmöglich gestalteten, in die Nähe des Wassers zu kommen. Glück hatten wir am gleichnamigen Fluss. Einen Steinwurf entfernt davon fanden wir eine Bank, auf der wir rasteten. Kaum waren die Hunde abgeleint, flitzten sie ins Wasser, tranken und spielten im kühlen Nass.
Die Pause tat gut, auch wenn wir nach kurzer Zeit wieder aufbrachen, weil es beim Sitzen und Relaxen doch etwas kühl wurde. Zurück an der Gaststätte bogen wir wieder auf einen kleinen Pfad ein, der jedoch auch ausgeschildert und wesentlich besser beschaffen war. Die Hunde freuten sich sichtlich, dass es weiterging. Der Durst war gestillt und ein paar Leckerlis hat auch jeder von ihnen abstauben können. Wir liefen parallel zum Drachenberg und gelangten wieder auf einen gut ausgebauten Forstweg, der uns über das Gelände des Erlebnissteinbruchs Hainholz führte. Seit dem 11. Jahrhundert wird im Braunschweiger Land Kalk abgebaut. Zahlreiche Schautafeln erklären die fossilienträchtigen Muschelkalkformationen. Das alles erfuhren wir allerdings erst später. Als wir dort ankamen, sahen wir kein Schild, das uns diesen mysteriösen Platz mit stillgelegten Bahnschienen, Felsen und kargen Sträuchern erklärte. Auf diesem Plateau war es so richtig einsam, auch wenn sich die Sonne wieder blicken ließ. Vor einem großen Felsen stand ein Paar Damenschuhe mit hohen Absätzen fein säuberlich platziert. Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter. Dieser Ort könnte auch die perfekte Kulisse für einen Horrorfilm abgeben. Wer weiß, was mit der Besitzerin der roten Schuhe geschehen ist… Nichts wie weg! Wir schlugen uns mal wieder ins Gebüsch, wo eigentlich ein Weg sein sollte. Ein Durchkommen war jedoch nur etwa drei Meter möglich, bis ich vor einer undurchdringbaren Wand dorniger Brombeersträucher kapitulierte und Patricia hinter mir wieder zurückschickte. Etwas ratlos blickten wir uns um. Sollte uns das gleiche Schicksal ereilen wie der Frau mit den roten Schuhen? Würden unsere Wanderschuhe dann direkt daneben ihren Platz finden? Bevor es dazu kam, versuchten wir es an einer anderen Stelle mit einem Abzweig und hatten dieses Mal Erfolg. Schautafeln und Wegweiser erinnerten uns, dass wir uns doch noch in der Zivilisation befanden. Gruselig war das mit den Schuhen aber allemal!
Wir folgten weiter den schattigen Waldwegen. An jeder Ecke sieht der Wald anders aus. Wir durchstreiften einen Birkenwald. Die hellen dünnen Stämme sahen fast mystisch aus. Wie ein richtiger Gespensterwald. Wir näherten uns Königslutter, erreichten eine Landstraße, an der wir uns links hielten und am Kutscherloch vorbei auf einem idyllischen Weg entlang der Lutter spazierten. Dort trafen wir auf einige Hunde und deren Menschen. Scheinbar waren wir gerade zur Gassizeit auf einer beliebten Gassirunde unterwegs. So schön der Weg war – wir mussten ihn verlassen und bogen nach links in Richtung Feld. Sonst wären wir direkt nach Königslutter gekommen, was für unsere drei Hunde nach den Kilometern, die sie schon in den Pfoten hatten, nicht unbedingt stressfrei wäre. Wir haben halt eher Land- statt Stadthunde und das ist auch gut so. Der Weg verlief mal wieder mit Steigung und wir genossen die Wärme, die von den Feldern ausging. Ich zog meine Jacke aus und verstaute sie im Rucksack. Mein T-Shirt war vollkommen ausreichend und endlich fühlte sich auch meine 3/4-Hose mehr als angenehm an.
Schritt für Schritt ließen wir Königslutter am Elm hinter uns und folgten den Wegweisern Richtung Bornum, den Ausgangspunkt unserer Samstagstour. Gerade als es anfing heiß zu werden, führte uns die Route wieder in den Wald und wir genossen den Schatten. Im Wald kam uns ein Läufer entgegen, der schon vorsorglich sein Shirt ausgezogen hatte. Im Wald bekamen wir auf den letzten drei Kilometern nochmal die Artenvielfalt des Naturparks Elm-Lappwald zu sehen. Riesige Buchen säumten den Weg und die zwitschernden Waldbewohner füllten die Stille mit ihrem Gesang. Ich genoss es mal wieder unterwegs zu sein. Tatsächlich war die Harzquerung Ende April meine letzte Wanderung gewesen. Kaum zu glauben! Nach fast 20 Kilometern wurden die Füße merklich schwerer. Ich freute mich, als wir den Waldrand erreichten und auf Bornum blicken konnten, von dem uns nur noch ein schnurgrader Feldweg in der prallen Sonne trennte. Wir beendeten die Tour wie wir sie angefangen hatten. Der letzte Kilometer hatte es in sich. Barney streikte bei den Fotopausen und suchte sich ein Plätzchen im Schatten. Die Zunge hing ihm lang aus dem Maul und auch Dragon und Leila wollten nur noch zum Auto. Die Sonne schien mittlerweile schonungslos vom wolkenlosen Himmel und gefühlt wurde es um 20 Grad wärmer. Wir fanden eine Abkürzung und gelangten so auf kürzestem Weg zu unseren Autos, die nun auch in der Sonne standen. Die Hunde suchten sich direkt einen Platz im Schatten und wir befreiten sie von Leine und Geschirr. Genug Wasser hatten wir noch und gierig tranken sie ihre Näpfe leer trotz mehrerer Trinkpausen unterwegs. Wir waren dennoch alle glücklich und zufrieden wieder an unseren Autos zu sein. Zuhause warteten unsere Hundepapas mit einem leckeren späten Frühstück auf uns.
Der Naturpark Elm-Lappwald hat uns wirklich überzeugt und meine anfängliche Skepsis beseitigt. Da ich bei dieser Tour nur einen Bruchteil der vielfältigen Landschaft gesehen habe, will ich auf jeden Fall bald wieder kommen. Schließlich wollen die restlichen 580 km auch noch erwandert werden.
Die Tour im Überblick:
Strecke: 20 km
Rundweg: ja
Dauer: 4 Stunden, 22 Minuten reine Gehzeit
Schwierigkeit: leicht-mittel
Höhenmeter: 499 m
Wege: Mix aus Singletrails, Forstwegen und Asphaltstraßen
Ich muss unbedingt man mit jemandem wandern, der einen Hund dabei hat 🙂
Mir fehlt da komplett der Vergleich, ich würde es aber gerne mal testen. Denn sicher fühlt es sich anders an, wenn ein Hund als Begleiter mit dabei ist.
Liebe Grüße Katja
Liebe Katja,
das Wandern mit Hund ist wirklich unvergleichbar schön. Lass uns gern mal gemeinsam losziehen, wenn du magst. 🙂 Barney würde sich sicherlich freuen und ich glaube, es ist mit Hunden ähnlich wie mit Kindern – du siehst beim Wandern die Welt aus einer ganz anderen Perspektive.
Herzliche Grüße,
Maddie
Der E L M ist wunderschön, besonders oben auf der Lichtung im Sommer mit den vielen Insekten und natürlich die Steinbrüche, zu denen es mich immer wieder hin zieht ( Kreuzenzian ! )
Da gebe ich dir absolut recht! 🙂